DocuWare-Geschäftsführer Jürgen Biffar erläutert im Interview, für welche Prozesse ein Dokumentenmanagement-System prädestiniert ist und warum der Umstieg vom klassischen Dateisystem auf ein DMS den Mitarbeitern keine große Umstellung bedeuten muss.
Wie sollte ein DMS strukturiert sein, damit alle Mitarbeiter ihre Dokumente schnell und einfach finden und nutzen können?
Jürgen Biffar: Eine einheitliche Struktur ist Voraussetzung für eine reibungslose Zusammenarbeit. Das ist überall dort schon fast selbstverständlich, wo es häufig wiederkehrende Prozesse gibt. Diese können durch eine Bestellung im Verkauf oder im Einkauf ausgelöst werden, aber auch durch die Rechnungsverarbeitung in der Buchhaltung oder die Gehaltsabrechnung in der Personalabteilung. Diese Prozesse definieren wiederum, wie Daten und Dokumente abgelegt und weiterverarbeitet werden.
Wie kann man sich das vorstellen?
Jürgen Biffar: Nehmen wir den Antrag für eine Dienstreise. Das digitale Antragsformular wird im DMS abgelegt und dadurch in einem Ordner angezeigt. Dort wird automatisch ein Prozess angestoßen, der den Vorgesetzten auffordert, den Antrag zu genehmigen. Daraufhin werden automatisch die betroffenen Abteilungen informiert. So ist sichergestellt, dass die Bearbeitung zügig unter Einhaltung aller Regularien erfolgt. Außerdem verschiebt das DMS den genehmigten digitalen Dienstreiseantrag automatisch in einen anderen Ordner, wo er dann für Folgeprozesse, etwa die Reisekostenabrechnung, bereitsteht.
Ist die Umstellung für die Benutzer nicht schwierig, wenn sie es gewohnt sind, solche Dokumente im Dateisystem zu haben?
Jürgen Biffar: Nicht, wenn das DMS – wie zum Beispiel DocuWare – die Ordnerstrukturen im File-System abbildet. Dadurch findet der Nutzer alle Dokumente in seiner gewohnten Umgebung wieder. Gleichzeitig hält ihn aber auch die vom DMS vorgegebene Ordnerhierarchie zum prozessorientierten Arbeiten an.
Sogar automatisch erzeugte Dokumente, etwa Bestellungen oder Rechnungen aus dem ERP-System, finden sich in diesen Ordnern wieder. Nicht zuletzt kann der Nutzer dort zusätzliche Dokumente ablegen, beispielsweise Notizen zu einer Reklamation oder den telefonisch avisierten Liefertermin bestellter Ware.
Wie spielen dabei Dokumentenmanagement- und ERP-Software zusammen?
Jürgen Biffar: Indem das DMS solche Prozesse steuert, die nicht im ERP-System definiert sind. Das kann zum Beispiel die Genehmigung einer Bestellung im Einkauf durch die Fachabteilung und Geschäftsführung sein.
Der Einkäufer bereitet diese Bestellung im ERP-System vor. Die kaufmännische Software legt dann die digitale Bestellung in einem „Genehmigungs-Ordner“ ab. Das DMS erkennt das und stößt automatisch einen Genehmigungs-Workflow an. Dadurch erhalten zuständige Sachbearbeiter sowie ein Vorgesetzter die Aufgabe, diese Bestellung zu prüfen. Ist sie genehmigt, verschiebt das DMS diese digitale Bestellung in den Ordner „Offene Bestellungen“, der vom ERP-System regelmäßig gescannt wird. Dort gefundene Bestellungen werden ausgeführt und im Ordner „Wareneingang“ abgelegt. Trifft die bestellte Ware ein, wird der Eingang im ERP-System anhand der offenen Bestellung verbucht und das Dokument beispielsweise für Buchhaltung oder Lagermanagement bereitgestellt. Anschließend lassen sich alle relevanten Informationen rund um den Bestellvorgang in Form von digitalen Lieferantenakten im DMS übersichtlich zusammenfassen.
Auf diese Weise kann das DMS beliebige IT-Anwendungen im Unternehmen integrieren und ebenso sehr firmenspezifische Prozesse automatisieren, die eine Standardsoftware nicht oder nur umständlich abbilden kann.
Wie schafft ein DMS Ordnung bei unstrukturierten Prozessen, die etwa bei kreativen Köpfen in Marketing oder Entwicklung vorkommen können?
Jürgen Biffar: Man spricht zwar gerne vom kreativen Chaos, doch unstrukturiert sind diese Prozesse ja keineswegs. In der Regel wird hier projektorientiert gearbeitet, so dass am besten für jedes Projekt ein eigener Ordner angelegt wird. Die Definition der Unterordner ergibt sich dann ganz natürlich aus den Aufgaben in diesem Projekt; da kann es zum Beispiel Ordner für Vertragsentwürfe oder für Design-Skizzen geben.
Allerdings muss man dabei ein bisschen aufpassen, denn manche Anwendungsprogramme speichern die Dokumente nicht in einer einzigen Datei ab, sondern erzeugen komplexere Datenstrukturen mit vielen eigenen Unterordnern. Solche Originaldokumente eignen sich nur bedingt für die Verwaltung per DMS. Ein DMS funktioniert immer dann am besten, wenn ein Dokument in einer einzigen Datei gespeichert wird, weil nur so die automatische Versionsverwaltung möglich ist.
Was empfehlen Sie den Kreativen beim Dokumenten-Management?
Jürgen Biffar: Sie sollen wie gewohnt im File-System arbeiten, dabei aber die erwähnte gemeinsame Ordner-Hierarchie zugrunde legen. Die Dokumente können dann nach Abschluss des Projektes für die Langzeitarchivierung über Automatismen in das DMS importiert werden, wenn dort die identische Ordner-Struktur verwendet wird – und sind dort entsprechend einfach und komfortabel recherchierbar. So bringt das DMS ganz nebenbei alle Dokumente unter einen Hut – und wird zum „Single Point of Truth“.
Herr Biffar, vielen Dank für das Interview.