Konsumerisierung, Cloud- und Mobiltechnologien sowie das „Internet of Things“– diese drei disruptiven Innovationen eröffnen Unternehmen ganz neue Wege, um die rasant steigende Informationsflut zu kanalisieren und das sonst drohende „Informationschaos“ zu vermeiden. Diese These vertritt John Mancini, Präsident und CEO der renommierten „Association for Information and Image Management“ (AIIM) und Autor des AIIM-Blogs „Digital Landfill“. Im Vorfeld der AIIM-Konferenz 2015, die vom 18. bis 20. März in San Diego stattfindet, erläuterte Mancini im Interview mit DocuWare, wie Unternehmen die digitale Transformation nutzen können, um sich weiterzuentwickeln und Vorteile im Wettbewerb zu erzielen.
Herr Mancini, warum riskieren es manche Unternehmen, beim Dokumenten-Management – und damit auch im Wettbewerb – den Anschluss zu verlieren?
John Mancini: Sie machen in der Regel die gleichen Fehler:
Es mangelt am Verständnis des Informationsrisikos. Wie viele AIIM-Umfragen belegen, ist man in 42 Prozent der Unternehmen unsicher, welche Daten und Dokumente ohne Bedenken gelöscht werden dürfen. Und 24 Prozent hatten in den letzten beiden Jahren Compliance-Probleme oder waren wegen schlechten Dokumenten-Managements sogar vor Gericht. Dieser Fehler – die Unterschätzung des Informationsrisikos – ist das Hauptproblem.
Es hapert an den Backend-Prozessen. In AIIM-Umfragen geben zum Beispiel immer noch 25 Prozent der Unternehmen an, dass sie zur Abwicklung ihrer Geschäftsprozesse ständig mehr Papier verbrauchen anstatt weniger. Das ist eigentlich unglaublich.
Befragt zu den Ursachen sagen 16 Prozent, dass sie vor dem Scannen eines Dokumentes noch eine Fotokopie anfertigen. 65 Prozent vernichten die Vorlage nach dem Scannen nicht, sondern legen das Original in Papierform ab. Das klingt sehr nach den ungeschickten Versuchen von Goethes Zauberlehrling. Wer seine Prozesse nicht up to date hält, wird trotz DMS mit einem wachsenden Papierverbrauch zu kämpfen haben.
Das Konzept der „Collaboration“ wird nicht ernst genommen. Oft werden immer noch große Dokumente per E-Mail an viele Kollegen geschickt. Die wiederum versorgen den gesamten Verteiler mit ihren Kommentaren. Das geht vielerorts noch als Collaboration durch – ist aber in Wirklichkeit ein Riesenproblem. Hier wären eigentlich neue IT-Systeme gefragt.
Die Folgen der Informationsflut werden unterschätzt. Es gibt keinen Plan, wie mit den wachsenden Datenmengen umzugehen ist, wie darin Informationen gefunden werden und auf welche Art und Weise diese Informationen dann den richtigen Leuten im richtigen Zusammenhang zur Kenntnis gebracht werden.
Es fehlt die Erkenntnis, dass die vier zuvor genannten Probleme zusammenhängen. Ein ganzheitlicher Ansatz tut Not, denn die Probleme mit Risiko, Automation, Collaboration und Informationsgewinnung hängen eng zusammen. Gefragt ist daher eine Infrastruktur, die nicht nur eines dieser Probleme behebt, sondern auch zur Lösung der anderen beiträgt. Diese Infrastruktur bildet dann das Fundament, auf dem dann viele Verbesserungsansätze aufbauen können.
Viel zu lange wurde beim Enterprise Content Management mit Punktlösungen gearbeitet, die unterschiedliche Plattformen erforderten und schwer zu integrieren sind. Dieser iterative Ansatz führt ohne gemeinsames Fundament automatisch zu Problemen mit der Skalierbarkeit. Jetzt wächst aber das Problembewusstsein. Und die Erkenntnis reift, dass sich das sorgfältige Nachdenken über eine Antwort auf die Frage lohnt, ob die vorhandene DMS-Plattform sich auch für neue Projekte nutzen lässt.
Wo sollte ein Unternehmen mit der Beseitigung seiner DMS-Defizite beginnen?
John Mancini: Dafür habe ich drei Tipps. Der erste klingt einfach:
Am Anfang steht die Identifizierung der papierintensiven Prozesse. Ich würde dazu untersuchen, wo Papierdokumente ins Unternehmen kommen und wie sie das Geschäft ausbremsen. Wo quellen die Schreibtische über, wo schränkt Papier Flexibilität und Agilität ein und wo erschwert Papier den Informationsaustausch? Das sind erste Anhaltspunkte dafür, wo DMS-Projekte und Workflow-Lösungen schnell großen Nutzen stiften.
Auch der zweite Tipp liegt auf der Hand: Fangen Sie irgendwo an. Oft beobachte ich, dass in Unternehmen zwar die Fehler erkannt werden, aber dann viel Zeit mit der Ursachenforschung vertan wird. Verabschieden Sie sich an dieser Stelle stattdessen einfach vom Papier und automatisieren Sie die Prozesse. Mit einem DMS sind die meisten Probleme auf Anhieb gelöst.
Der dritte Tipp ist etwas eigennützig: Kompetenz in Sachen Enterprise Content Management ist wichtig. Hier bietet AIIM eine Menge Wissen, damit diese Technologien und ihre Einsatzfelder im Unternehmen verstanden werden. Ob man dieses Wissen bei AIIM, DocuWare oder anderswo erwirbt: Werden Sie smart in Sachen Dokumenten-Management. Weil dieser Bereich des Informationsmanagement immer noch im Argen liegt, hilft vor allem eine fundierte Ausbildung, um die Terminologie und die Einsatzmöglichkeiten zu verstehen und bereits vor Beginn eines Projektes die entscheidenden Fragen zu stellen.
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