Für alle, die dachten, das Thema Digitalisierung wäre langsam abgehandelt, folgt jetzt eine Enttäuschung. Abgehakt ist es noch lange nicht. Denn der digitale Wandel hat gerade erst begonnen und beschäftigt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen. Branchenunabhängig sind Unternehmen dazu angehalten, sich mit Big Data, Industrie 4.0 und dem Internet of Things zu beschäftigen. Die einen sehen dabei mehr Vorteile, die anderen weniger. Doch auch, wenn das digitale Zeitalter gerade erst angefangen hat, zeigt sich bereits, wer am meisten davon profitiert. Welche Branchen das sind und warum die Digitalisierung ihnen in die Karten spielt, lesen Sie in diesem Beitrag.
Wettbewerbsvorteil Schnelligkeit
Eine Nachricht versenden, Informationen teilen oder ein Produkt online stellen? Das geht heute mit wenigen Klicks. Nie zuvor war es für Unternehmen einfacher, sich in der Öffentlichkeit zu positionieren und wichtige Informationen an den Mann zu bringen. Schnelligkeit ist dabei eine entscheidende Eigenschaft der Digitalisierung, die für die Wirtschaft Fluch und Segen zugleich ist. Denn neben der Möglichkeit, zügig handeln und reagieren zu können, steigt der Konkurrenzdruck. Immer ist jemand noch ein bisschen schneller, erreicht noch eher eine Zielgruppe und verdrängt andere von der Marktspitze. Keine Frage also, dass Schnelligkeit ein entscheidender Wettbewerbsvorteil ist.
Zudem schafft die Digitalisierung Märkte, auf denen es erfolgreichen und digital gut aufgestellten Unternehmen leicht möglich ist, alles zu beherrschen. Gerade Internetriesen wie Amazon, Google und Co. nehmen hier eine dominante Stellung ein, die es anderen Unternehmen aus der Wirtschaft schwerer macht, die Nummer eins eines Marktes zu werden. So haben Studien im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums ergeben, dass rund jedes zehnte Großunternehmen und jedes fünfte mittelständische Unternehmen die Digitalisierung ihres Betriebs nicht für notwendig hält. Grund dafür sind meist das Fehlen einer Strategie, die Angst vor hohen Kosten sowie rechtliche Unsicherheiten. Dabei gibt es durchaus Beispiele, wie gut die Digitalisierung in der Wirtschaft funktionieren kann.
Wer rechtzeitig handelt, kann nur gewinnen
Aller Anfang ist schwer? Das muss nicht sein. Denn das wichtigste in Sachen Digitalisierung ist nicht die Frage, ob man anfängt, sondern wie. Dabei gilt die Einstellung: Je eher desto besser. Denn wer rechtzeitig beginnt, sein Unternehmen fit zu machen für den digitalen Wandel, wird mit Sicherheit belohnt. Zur Veranschaulichung ein Gegenbeispiel. Kennen Sie noch Nokia? Vor nicht einmal zehn Jahren war der Telekommunikationsausrüster aus Finnland eines der führenden Unternehmen in Sachen Mobiltelefone. Von Smartphones wollte es nichts wissen und gab sich zuversichtlich, dass sich dieser Trend nicht durchsetzen würde. Den Fehler hatte auch schon Kaiser Wilhelm II. mit der Prognose zum Automobil gemacht, glaubte er doch langfristig eher an das Pferd.
Was an diesen Beispielen deutlich wird, ist vor allem die Notwendigkeit für Unternehmen, rechtzeitig auf den Zug der Digitalisierung aufzuspringen. Nur so kann, wer in der Wirtschaft mitmischen will, seine Ziele erreichen. Einige Unternehmen machen an dieser Stelle bereits vor, dass die analoge und die digitale Welt neben- und miteinander existieren können. Supermärkte verschicken Lebensmittel online, Bekleidungshäuser bieten virtuelle Ankleidekabinen an und etliche Betriebe stellen sich auf papierlose Büros um. So hat der „Monitoring-Report Wirtschaft Digital“ im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums herausgefunden, dass bereits jedes fünfte der befragten Unternehmen Big Data, also die Verarbeitung und Auswertung großer Datenmengen, nutzt. Jedes siebte Unternehmen arbeitet mit Techniken aus dem Bereich Industrie 4.0.
Als besonders stark digitalisiert zeigen sich Unternehmen aus der Informations- und Telekommunikationsindustrie, Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen. Energiewirtschaft und Maschinenbau weisen nur mittelmäßige Aktivitäten in Bezug auf die Digitalisierung aus. Schlusslicht ist das Gesundheitswesen. Dabei sind es vor allem mittelständische und Handwerksunternehmen, die keinen Grund zur digitalen Veränderung sehen. Ihre Auftragslage ist nach wie vor gut und ihre Geschäfte laufen erfolgreich. Doch auch hier werden sich die Geschäftsmodelle in Zukunft ändern.
Die Macht der Strategie
Spätestens seit Veröffentlichung der europäischen Richtlinie 2014/55/EU im Jahr 2014 ist es für viele Unternehmen an der Zeit, Wirtschaft und Digitalisierung zu verbinden. Denn diese Richtlinie fordert einen national und international kompatiblen Standard für elektronische Rechnungen. Wer also frühzeitig auf ein elektronisches Dokumenten-Management setzt, hat bereits den ersten Schritt in Richtung digitale Zukunft getan. An dieser Stelle lässt sich auch ein Trugschluss aufklären, der oftmals das Argument ist, dass Unternehmen (noch) Abstand halten vom digitalen Wandel. Digitalisierung bedeutet nämlich nicht, sich sofort in große Technikinvestitionen zu stürzen. Vielmehr handelt es sich um eine Schritt-für-Schritt-Umsetzung digitaler Prozesse und Strukturen. Unabhängig von der Größe eines Unternehmens, kann die Digitalisierung so auch in einer teilweisen Umsetzung erfolgen.
Worauf es ankommt, ist in erster Linie eine passende Strategie. Unternehmen, die bereits auf einem erfolgreichen digitalen Weg sind, haben sich erst überlegt, wie sie das Thema angehen und dann gezielt gehandelt. Hierbei bietet sich beispielsweise die Erschaffung der neuen Position Chief Digital Officer (CDO) an. Dieser unterstützt das Unternehmen bei der Umsetzung seiner Digitalisierungsstrategie, treibt das Thema innerhalb des Unternehmens voran, hilft mit dem nötigen Know-how weiter und koordiniert alle erforderlichen Abläufe. Wer also bei der Digitalisierung auf die Unterstützung eines Experten zurückgreift, erkennt schnell, wie leicht das Thema umsetzbar ist.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland
Alles aus eigener Kraft schaffen können in Deutschland jedoch die wenigsten Unternehmen. Denn auf die zur Digitalisierung nötige Infrastruktur haben sie keinen Einfluss. Hier ist vor allem die Politik gefragt. Breitbandinternet, Glasfaseranschlüsse oder überhaupt eine Internetverbindung zu haben, ist in einigen Regionen des Landes noch ein großes Ziel. So haben Forscher vom Fraunhofer Institut festgestellt, dass das digitale Netz in Deutschland nach wie vor große Lücken aufweist. Im Deutschland-Index der Digitalisierung 2017 gibt das Institut bekannt, dass rund die Hälfte aller Kommunen kaum einem Digitalisierungstrend gefolgt ist und somit natürlich eindeutigen Nachholbedarf hat. Das macht es Unternehmen schwer, Wirtschaft und Digitalisierung zu verbinden.
Auswirkungen auf die Geschäfte merken Unternehmen aller Branchen und Größen. Rund 82 Prozent sehen dabei einen erhöhten Investitionsbedarf durch die Digitalisierung – nicht unbedingt im negativen Sinne. Laut Deutscher Industrie- und Handelskammer hat der digitale Wandel auf 34 Prozent der von ihnen befragten Unternehmen einen positiven Einfluss. Rund die Hälfte der industriellen Großunternehmen verzeichnet dabei sogar einen geschäftlichen Zuwachs. Demgegenüber stehen acht Prozent, die den Rückgang ihres Geschäftsvolumens auf die Digitalisierung zurückführen.
Wer also am stärksten von der digitalen Revolution profitiert, lässt sich nicht an einer bestimmten Branche festmachen. Klar ist: Geschäftsmodelle ändern sich und mit ihnen gibt es neue Qualifizierungsanforderungen an Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Wer hier rechtzeitig Zeit, Geld und Wissen in Arbeitskräfte und Prozesse investiert, gehört auf lange Sicht mit Sicherheit zu den Gewinnern der Digitalisierung – vorausgesetzt, die Strategie stimmt.